Sie haben hier nachfolgend die Möglichkeit, sich online zur Tagung anzumelden. Wenn Sie den Postweg präferieren, so verwenden Sie bitte den Ausdruck des Tagungsprogramms, welches hier als PDF zum Download zu Verfügung steht.
Zeit und Zeitlosigkeit
Der moderne Mensch ist ein aus der zeitlosen mythischen in die verrinnende historische Zeit gefallener. In Kunst und Musik suchen wir dem Zugriff der Zeit zu entkommen, aufgehoben in einer Erlebnisblase, die der fragilen Gegenwärtigkeit einen vorübergehenden Schutzraum gewährt. Die Zeit des Mythos ist zeitlose Urzeit, erfahrbar gemacht im mythischen Ritual, aus dem Kunst und Musik hervorgegangen sind, und von dem sie einen Hauch bewahrt haben, bis hinein in unsere mythosvergessene Uhrenzeit.
In unserer Alltagserfahrung begegnet uns die Zeit auf mannigfaltige Weise: Linear, als kausale Abfolge und auf ein Fernziel gerichtet, das es zu erreichen gilt, oder aber verrinnend und an Vergänglichkeit gemahnend, dem Tod als einem zu vermeidenden entgegeneilend; zuweilen zirkulär, etwa wenn wir im Jahreskreislauf wiederkehrende Feste feiern; träge und in endloser Dehnung begriffen oder flüchtig an uns vorüberrauschend.
In all diesen unterschiedlichen psychischen Erscheinungsformen spiegelt sich das historische Erbe verschiedener Zeitvorstellungen – die sich umgekehrt zugleich einer Reihe disparater Erfahrungsweisen von Zeit verdanken. In den linearen Zeitverläufen sind wir – auf ein utopisches Ziel gerichtet – gemeinsam mit der auf Fortschritt ausgerichteten Wissenschaft Kinder der christlichen Theologie, in den zyklischen Erben vorchristlicher Traditionen.
Erscheint die Welt etwa in den Gemälden der Renaissance zentralperspektivisch aufgefasst wie eine Bühne, der Raum wie ein geometrisch berechenbares Behältnis, in dem sich die Zeitlichkeit des Lebens gleich einem Uhrwerk abspielt, so lassen die Konzepte der modernen Physik die uns angeborenen Kategorien von Raum und Zeit weit hinter sich und entziehen sich daher weitgehend symbolhafter Repräsentation; man denke etwa an die Raumzeit in ihrer Verformbarkeit, versuche, sich die an Stelle eines unbewegten göttlichen Verursachers getretene Singularität – im Sinne eines erkenntnistheoretisch unüberwindbaren Horizontes – vorzustellen, oder aber neuere Theorien, die sich auf Quantenbits beziehen, zu visualisieren.
Bereitete dem Aurelius Augustinus, dem der Kosmos wie eine sich in der Zeit entfaltende göttliche Liedkomposition vorkam, der Gedanke an teleologische Vorherbestimmtheit Kopfschmerzen, so bedeutet die Auffassung von der zukünftigen Zeit als offene Potentialität Ungewissheit und Freiheit zugleich.
Welche Rolle spielen zyklische und lineare Zeitmodelle in der Symbolik? Wie wirken sich unterschiedliche Vorstellungen und Erfahrungen von Zeit auf die Sinnbilder von Kunst, Mythos, Religion und Wissenschaft aus? Und wie kommen diese Sinnbilder unserem Streben nach Sinnhaftigkeit entgegen? Welche Bedeutung haben sie für unser Verhältnis zu den Gesetzmäßigkeiten der Natur und unseres biologischen Prozessen unterworfenen Daseins? Wie lässt sich Zeitlichkeit außer Kraft setzen, von der halluzinogenen Wirkung des Fliegenpilzes bis zur Kontemplation mittelalterlicher Christusbildnisse? Als Symbolforscher bewegen wir uns zwischen äußerer und innerer Zeit, folgen den Spuren, die unterschiedliche Auffassungen und Erlebnisweisen von Zeit in den bildnerischen Erzeugnissen der Kulturen hinterlassen haben und diskutieren ihre Relevanz vor dem Hintergrund neuester Erkenntnisse aus Psychologie, Geistes- und Naturwissenschaft.
Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme.
Martin Weyers, Vorsitzender SYMBOLON
Der moderne Mensch ist ein aus der zeitlosen mythischen in die verrinnende historische Zeit gefallener. In Kunst und Musik suchen wir dem Zugriff der Zeit zu entkommen, aufgehoben in einer Erlebnisblase, die der fragilen Gegenwärtigkeit einen vorübergehenden Schutzraum gewährt. Die Zeit des Mythos ist zeitlose Urzeit, erfahrbar gemacht im mythischen Ritual, aus dem Kunst und Musik hervorgegangen sind, und von dem sie einen Hauch bewahrt haben, bis hinein in unsere mythosvergessene Uhrenzeit.
In unserer Alltagserfahrung begegnet uns die Zeit auf mannigfaltige Weise: Linear, als kausale Abfolge und auf ein Fernziel gerichtet, das es zu erreichen gilt, oder aber verrinnend und an Vergänglichkeit gemahnend, dem Tod als einem zu vermeidenden entgegeneilend; zuweilen zirkulär, etwa wenn wir im Jahreskreislauf wiederkehrende Feste feiern; träge und in endloser Dehnung begriffen oder flüchtig an uns vorüberrauschend.
In all diesen unterschiedlichen psychischen Erscheinungsformen spiegelt sich das historische Erbe verschiedener Zeitvorstellungen – die sich umgekehrt zugleich einer Reihe disparater Erfahrungsweisen von Zeit verdanken. In den linearen Zeitverläufen sind wir – auf ein utopisches Ziel gerichtet – gemeinsam mit der auf Fortschritt ausgerichteten Wissenschaft Kinder der christlichen Theologie, in den zyklischen Erben vorchristlicher Traditionen.
Erscheint die Welt etwa in den Gemälden der Renaissance zentralperspektivisch aufgefasst wie eine Bühne, der Raum wie ein geometrisch berechenbares Behältnis, in dem sich die Zeitlichkeit des Lebens gleich einem Uhrwerk abspielt, so lassen die Konzepte der modernen Physik die uns angeborenen Kategorien von Raum und Zeit weit hinter sich und entziehen sich daher weitgehend symbolhafter Repräsentation; man denke etwa an die Raumzeit in ihrer Verformbarkeit, versuche, sich die an Stelle eines unbewegten göttlichen Verursachers getretene Singularität – im Sinne eines erkenntnistheoretisch unüberwindbaren Horizontes – vorzustellen, oder aber neuere Theorien, die sich auf Quantenbits beziehen, zu visualisieren.
Bereitete dem Aurelius Augustinus, dem der Kosmos wie eine sich in der Zeit entfaltende göttliche Liedkomposition vorkam, der Gedanke an teleologische Vorherbestimmtheit Kopfschmerzen, so bedeutet die Auffassung von der zukünftigen Zeit als offene Potentialität Ungewissheit und Freiheit zugleich.
Welche Rolle spielen zyklische und lineare Zeitmodelle in der Symbolik? Wie wirken sich unterschiedliche Vorstellungen und Erfahrungen von Zeit auf die Sinnbilder von Kunst, Mythos, Religion und Wissenschaft aus? Und wie kommen diese Sinnbilder unserem Streben nach Sinnhaftigkeit entgegen? Welche Bedeutung haben sie für unser Verhältnis zu den Gesetzmäßigkeiten der Natur und unseres biologischen Prozessen unterworfenen Daseins? Wie lässt sich Zeitlichkeit außer Kraft setzen, von der halluzinogenen Wirkung des Fliegenpilzes bis zur Kontemplation mittelalterlicher Christusbildnisse? Als Symbolforscher bewegen wir uns zwischen äußerer und innerer Zeit, folgen den Spuren, die unterschiedliche Auffassungen und Erlebnisweisen von Zeit in den bildnerischen Erzeugnissen der Kulturen hinterlassen haben und diskutieren ihre Relevanz vor dem Hintergrund neuester Erkenntnisse aus Psychologie, Geistes- und Naturwissenschaft.
Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme.
Martin Weyers, Vorsitzender SYMBOLON
Tagungsprogramm
Freitag, 31. März 2017 |
bis 15:30 Anreise, Anmeldung
15:00 Kaffee 16:00 Begrüßung und Einführung Martin Weyers, Ludwigshafen am Rhein 16:30 Exkurs Eine ganz kurze Geschichte der Zeit. Die Abstraktion der Zeit in der Geschichte der Physik Andreas Mang, Sprockhövel 17:30 Film Zeit und Zeitlosigkeit 17:45 Pause 18:30 Abendessen 20:00 „Denn was ist Zeit?“ – Augustinus und der Zeitbegriff der ‚Confessiones‘ Dr. Werner Heinz, Sindelfingen |
Samstag, 01. April 2017 |
ab 8:00 Frühstück
9:00 Veränderung des subjektiven Zeiterlebens am Beispiel des Konsums von Fliegenpilzen. Vortrag mit Bildern aus der Laterna Magica Wolfgang Bauer, Frankfurt am Main 10:00 „Eben-Jetzt“ und „Immerdar“ – zur Zeitstruktur mittelalterlicher Christusbilder Dr. Tobias Freese, Heidelberg 11:00 Kaffeepause 11:15 Mitgliederversammlung 1. Begrüßung, Protokoll der 55. MV in Erfurt 2. Bericht des 1. Vorsitzenden 3. Kassenbericht der Schatzmeisterin 4. Bericht der Kassenprüfer 5. Entlastung des Vorstandes 6. Neuwahl des Vorstandes und der Kassenprüfer 7. Tagung 2018 und zukünftige Entwicklungen 8. Verschiedenes 12:30 Mittagessen und Pause 15:00 Zeitkonzepte in den Quellen der nordischen Mythologie Dr. Yvonne Schulmeistrat, Wesel 16:00 Symbolik und Zeitlosigkeit beim C. G. Jungschen Begriff der ‚Synchronizität‘ Dr. Walter von Lucadou, Freiburg 17:00 Exkurs Symbole für Zeit und Zeitlosigkeit in Musik und Poesie Ursula Evers, Köln 18:00 Pause 18:30 Abendessen 20:00 „Zum Raum wird hier die Zeit“: Morton Feldman zwischen Musik und Malerei Dr. Leopoldo Siano, Köln |
Sonntag, 02. April 2017 |
ab 8:00 Frühstück
9:00 Irdische – himmlische – kosmische Zeit(en): Himmelskunde und Zeitsymbolik Dr. Michael Rappenglück, Gilching 10:00 Raum, Zeit und ZAHL– Anfänge und Grundlagen der Zeitrechnung Alteuropas am Beispiel vorgeschichtlicher Bauwerke und Fundobjekte Thomas Lorenz, Neckarsulm 11:00 Kaffeepause 11:30 Identität – Zeit – Zeitigung. Prozessdynamische Perspektiven Prof. Hermes A. Kick, Mannheim 12:30 Diskussion mit den Referenten und Resümee 13:00 Mittagessen, Abschluss der Tagung |
Evangelisches Augustinerkloster zu Erfurt
Augustinerstraße 10 99084 Erfurt Telefon: 0361/57660-0 Telefax: 0361/57660-99 e-Mail: info@augustinerkloster.de |
Tagungsort: Augustinerkloster ErfurtZum dritten Mal werden wir im ab 1277 erbauten Augustinerkloster im Luther-Jahr in Erfurt tagen. Dieser geschichtsträchtige Ort bietet ideale Begingungen für die Vorträge, interessante Gespräche und Exkursionen. Weitere Informationen zum Tagungsort unter: www.augustinerkloster.de
|